Stallgeruch

...so heißt meine neue, monatlich erscheinende Serie im Feuilleton der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Sie löst den "Wildwechsel" nach knapp zwei Jahren ab. Nach den Wildtieren geht es nun um die Nutztiere....

„The Sense of an Ending“ von Julian Barnes ist eine aufwühlende Geschichte um einen auseinanderbrechenden Kreis jugendlicher Freunde. Tony, Alter Ego des Autors und der Protagonist der Erzählung, erinnert sich an die Schulzeit, an Auseinandersetzungen um englische Literatur, an spöttische Kommentare ihres Lehrers: Was etwa würden um Himmels willen Ted Hughes‘ Gedichte verhandeln, sollten ihm eines Tages die Tiere ausgehen? Phil Dixon interessiert sich offensichtlich weniger für Tiere als für seine eigene Lässigkeit, mit der er an einem Denkmal kratzt, und damit wäre er ein typisches Beispiel der ironischen Charakterisierungskunst von Barnes: männlich, weiß, selbstgerecht und großspurig. Aber dahinter steht etwas anderes, eine entwaffnend ernste, die zentrale Fragestellung des Autors. Es ist ein Verweis auf das Geheimnis der sich stets neu entzündenden künstlerischen Vorstellungs- und Erfindungskraft, in der sich das Wunder der Schöpfung wiederholt und spiegelt. Auch wenn Julian Barnes das im Buch selbstredend lakonischer formuliert: Tatsache sei, dass Ted Hughes die Tiere niemals ausgingen.

Dass die Tiere - wie das Artensterben schmerzlich beweist - nicht unendlich an Zahl sind, aber unendlich interessant, und in welchem lange überfälligen Umbruch das Verhältnis von Mensch und Tier sich befindet, war das Thema der Serie „Wildwechsel“. Zitate aus Ted Hughes‘ Gedichten über Wildtiere legten darin Zeugnis ab für die Schönheit, Wildheit, Freiheit eines poetischen Eindringens in das Wesen der Natur, das nichts Usurpatorisches an sich hat, aber auch nichts Sentimentales. „Stallgeruch“ schaut nun an, was Agrarwelt heißt und besonders was aus ihr nicht flüchten kann: Rinder, Pferde, Schafe, Ziegen, Hühner, Puten, und - das Schwein, das auch insofern ideal überleitet, als es eine Unterart des Wildschweins bildet....

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